April 21, 2020

Wie 3D Druck die Zukunft verändert

Rapid Prototyping gibt es bereits seit über 30 Jahren. 1997 ließ VW Prototypen als 3D-Objekte drucken. Wie so oft konnte sich der Einsatz in der Masse erst nach Ablauf der Patente entwickeln. Die Bedeutung des 3D Druck wächst für Heimanwender und auch für den professionellen Einsatz mit zunehmendem Tempo. Vergleichbar ist das mit der Verbreitung von Tintenstrahl Druckern, auf denen zuhause die ersten Digitalfotos gedruckt wurden. Schnell entwickelte sich ein Markt, der den Druck als Dienstleistung in besserer Qualität und mit Zusatzprodukten zur Verfügung stellte.

Prototyping

Ein nach wie vor großes Einsatzgebiert ist das Prototyping. Im Gegensatz zu der aufwendigen Fertigung von Hand, lassen sich Einzelteile, mittlerweile auch komplexe, mittels 3D Druck schnell und ostengünstig herstellen. Insbesondere in der Luftfahrt- und Automobilindustrie werden zum Beispiel ganze Kabinen oder auch Karosserien im 3D Druck Verfahren hergestellt. Deloitte zufolge soll die Branche in den nächsten 10 Jahren um mindestens 10% p.a. wachsen. Drucker der neusten Generation können auch unterschiedliche Materialien in einem Druckvorgang verarbeiten. Dadurch werden auch komplexe Objekte möglich. Flugzeug Tragflächen bestehen aus Carbon Faser und Kunstharz. Diese können mit den neuen Druckern nun in einem Druckvorgang hergestellt werden. In Zukunft wird sich das auch immer deutlicher auf die Produktion auswirken. Anstelle von aufwändigen Maschinen und Einzelteil Fertigung werden Drucker variable Teile schnell herstellen können. Die Rüstzeiten beschränken sich dann auf das Einspielen des neuen 3D Modells.

Vom Prototyping in die Werkshalle

Der Ökonomin Shoshana Zuboff schwebte mit ihrem Konzept „Distributed Capitalism“ eine Vision von verteilten Druckzentren vor. Jeder geht mit seinem zuhause erstellten 3D Modell in das Printzentrum um die Ecke und lässt sein Produkt eben ausdrucken. Massenfertigung im industriellen Stil wäre damit passe.

Dem wiederspricht Frank Piller, innovationsforscher der RWTH Aachen. Seinen Ergebnissen nach werden auch in Zukunft 90% der Produkte aus industrieller Fertigung stammen. Im Unterschied zu heute ändern sich allerdings die Fertigungsverfahren. Fräsen, Bohren, Tiefziehen, Pressen, Schleifen oder Drehen werden durch die 3D Druck Technik im Schichtaufbau ersetzet.

Entglobalisierung

Noch streiten sich unsere führenden Politiker um Zölle und Einfuhrbeschränkungen, um Handelsüberschüsse und welche Nation am besten wegkommt bei der Globalisierung.

Das Potential des 3D Drucks ist, folgt man Zukunftsforscher Robert Gaßner, die De-Globalisierung. Seiner Ansicht nach wird die Ersatzteil Industrie hier Pionierarbeit leisten. Die Fertigung wird aus den Entwicklungsländern wieder näher an die Produktionsstätten rücken, in denen z.B. das KFZ gebaut wird. Waren würden dann nicht mehr um die Welt transportiert, zumindest nicht materiell, wohl aber in Form von Daten und Software. Das spart Ressourcen und schont die Umwelt.

Es schafft auch neue Herausforderungen, auf die die Politik regieren muss. So können beispielsweise Waffenembargos auf einfache Weise umgangen werden, sobald das 3D Modell und ein Hochleistungsdrucker verfügbar sind. Gartner schätzt den Schaden durch illegale 3D Kopien auf 100 Miliarden USD bis 2018. Alleine das zeigt, wie schnell sich die Technik entwickelt. Das Muster ist dem der Anfänge von MP3 Musik sehr ähnlich. Ich habe damals für Warner Music gearbeitet und konnte feststellen, dass die Beharrungskräfte an der CD festzuhalten deutlich höher waren als sich um die neue Technik zu auseinander zu setzen und Geschäftsprozesse anzupassen. Der Fortgang der Geschichte ist bekannt und die großen Musikverlage mussten ordentlich Federn „lassen“.

Digitale Transformation

Die digitale Transformation ist nicht aufzuhalten. Unternehmen, die nicht ihre Geschäftsprozesse neu ausrichten werden in Zukunft wenig Chancen haben am Markt zu bestehen. Dabei geht es weniger um die Digitalisierung, also die Umsetzung bestehender Prozesse und Workflows auf Software, sondern um eine Neuausrichtung des gesamten Unternehmens.

3D-Druck ist ein gutes Beispiel wie Datenströme direkt mit physischen Produkten verbunden werden. Revolutioniert und auch deutlich verbilligt hat das schon die Herstellung von Zahnkronen. Andere Beispiele liegen ich der Wandlung des Geschäfts vom Produzenten zum Dienstleister. Schon vor Jahren habe ich mit einem Unternehmen eng zusammengearbeitet, dessen ursprüngliches Geschäfts Modell die Produktion und der vertrieb von Gabelstaplern war. Durch die Möglichkeiten der Digitalisierung wurde das Geschäftsmodell auf das Management von Transportkapazitäten umgestellt. Die produzierten Stapler werden dem Kunden nicht mehr verkauft, sondern in variablen Transportkapazitäten vermietet. Neben der Produktion kommt nun auch der Service der Stapler und die Planung der Kapazitäten auf einer eigens geschaffenen Plattform hinzu. Die Transformation war extrem erfolgreich und der Konzernumsatz wurde deutlich gesteigert.

Auf 3D Druck bezogen heißt das die Revolution in der Werkshalle wird kommen, die Frage ist nur wie lange es noch dauert. Würden die Entwicklungen veröffentlicht, wie z.B. auf Google 3D Warehouse oder Thingiverse, es würde schneller gehen. Aus Angst vor der Konkurrenz verstecken die Industriegiganten Ihre Entwicklungen noch. Auch benötigen wir neue Standards für Materialien und deren Prüfung. Folgt man Andreas Gebhardt, Professor für Hochleistungsverfahren der Fertigungstechnik und Rapid Prototyping an der Fachhochschule Aachen, „wären 3D-Drucker schon soweit, neben der Hülle das intelligente Innenleben von Handys und Autos gleich mit zu drucken“, wenn diese Voraussetzungen erfüllt wären.

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